Nachbarschaftshilfe als Basis für Pflegemodell

Mit Karl-Josef-Laumann (obere Reihe, 2.v.r.), Birgit Neyer (untere Reihe, 2.v.r.), Ute Kammer (untere Reihe, 3.v.r.), und Gunnar Sander (obere Reihe, r.) sprachen jetzt Vertreter des niederländischen Vorreiter-Pflegedienstes „Buurtzorg“, des niederländischen Generalkonsulats, der Euregio, der FH Münster, der Gesundheitswirtschaft Münsterland, des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste sowie der Kreise Warendorf und Steinfurt. Foto: Kreis Steinfurt

Steinfurt

Kreis Steinfurt. Die ambulante Pflege revolutionieren, mehr Zeit für den Patienten haben bei geringerem Kos­tenaufwand? Was in den Niederlanden seit einigen Jahren funktioniert, möchten jetzt die Pflegedienste impulse und Sander auf das deutsche Pflegesystem im Kreis Steinfurt übertragen. 

Wie das klappen kann, darüber sprachen die Geschäftsführer Gunnar Sander und Ute Kammer jetzt im Steinfurter Kreishaus mit Karl-Josef-Laumann, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit und Bevollmächtigter der Bundesregierung für Patienten und Pflege, sowie Vertreterinnen und Vertretern des niederländischen Vorreiter-Pflegedienstes „Buurtzorg“, des niederländischen Generalkonsulats, der Euregio, der FH Münster, der Gesundheitswirtschaft Münsterland, des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste sowie der Kreise Warendorf und Steinfurt. Birgit Neyer, Geschäftsführerin der WESt (Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft Steinfurt mbH), hatte zu diesem gemeinsamen Treffen eingeladen.

„Ein Modellprojekt im Kreis Steinfurt – das freut uns natürlich sehr. Es wäre sehr schön, wenn die Bewegung hier losgehen würde“, sagte Neyer gleich zu Beginn des Treffens. Falls das klappt, möchten Sander und Kammer mit den ersten Teams in Hörstel und Emsdetten starten.

Karl-Josef Laumann sprach zunächst über die Herausforderungen der Zukunft für den Pflegeberuf und machte unter anderem deutlich, dass die Personalknappheit auch weiterhin die große Herausforderung bleibe. Seiner Ansicht nach sei die Lösung nicht ausschließlich, den Pflegeberuf attraktiver zu machen, sondern auch, die Familien mit ins Boot zu nehmen.

Genau an diesem Punkt setzt auch das niederländische Pflegemodell „Buurtzorg“ an, was übersetzt Nachbarschaftshilfe bedeutet. Es rechnet nicht – wie bisher in Deutschland – nach Aufgaben ab, die die Pflegekräfte übernehmen, sondern nach Zeit. Ziel ist, den Patienten ein möglichst eigenständiges Leben zu ermöglichen und die Selbstfürsorge zu fördern, sprich nur diejenigen Aufgaben zu übernehmen, die die Patienten tatsächlich alleine oder mit Hilfe von Familienmitgliedern, Nachbarn oder Ehrenamtlichen nicht mehr schaffen – so bleibe dann auch mehr Zeit für Gespräche. Die Pflegekräfte übernehmen mehr Verantwortung in diesem Pflegemodell, sie organisieren und koordinieren die gesamte Unterstützung. Dadurch sei der Beruf viel beliebter und angesehener geworden – der Schlüssel gegen Personalnot. Zudem seien die Patienten deutlich zufriedener.

Laumann gab den Rat, Fördermöglichkeiten kurzfristig abzuklären. Entscheidend sei ein Konzept für den Kreis Steinfurt, das „in dem Rahmen bleibt, den die deutsche Pflegeversicherung vorgibt“. Dann kann – wenn weitere Partner wie die Pflege- und Krankenkassen mit ins Boot steigen – auch die deutsche Pflege revolutioniert werden.


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