Wenn die Nacht dank eines Säuglings zum Tag wird

Foto: Tholl

Überregional

Münsterland (at). Ist es wirklich anstrengend, sich rund um die Uhr um ein Baby zu kümmern, es zu wickeln, zu füttern und zu versorgen? Das fragten sich auch die 14- und 15-jährigen Mädchen der Schule am Bagno, die nun am Projekt „Babybedenkzeit“ der Evangelischen Jugendhilfe Münsterland teilnahmen.

Jede interessierte Jugendliche bekam für ein Wochenende – von Freitag- bis Montagmorgen – ein „Realcare“-Baby nach Hause. Das Baby wiegt etwa 3.500 Gramm. Er simuliert realistisch den Tagesablauf echter Säuglinge, muss gefüttert und gewickelt werden, aufstoßen, im Arm gewiegt und seine Kleidung muss gewechselt werden.

Interessierte Schulen können sich melden

Es ist ein besonderes Projekt, welches die Evangelische Jugendhilfe Müns­terland kreisweit anbietet: Jugendliche erfahren dank so genannter „Realcare Babys“, wie es ist, sich rund um die Uhr um einen Säugling zu kümmern.

Diese spezielle „Puppe“ muss wie ein echtes Baby versorgt werden – und reagiert auch dementsprechend mit schreien oder auch zufriedenem Glucksen. Der Babycomputer zeichnet alle Details der Versorgung oder schlechter Behandlung auf. Im Januar 2017 wurde das Projekt in der Schule am Bag­no in Steinfurt mit Mädchen der 8. Klasse gestartet. An einem Nachmittag besuchten die Kursleiterinnen der Evangelischen Jugendhilfe die Mädchen, um etwas über den Verlauf einer Schwangerschaft, der Geburt und dann schließlich etwas über die Bedürfnisse eines Neugeborenen zu erzählen. Die Mädchen konnten hier die ersten Pflegemaßnahmen der Realcare Babys kennen lernen und an ihnen erproben.

Anschließend hieß es für die jungen Teenager: Babybedenkzeit. Von Freitagsmorgens bis zum darauffolgenden Montag wurden sie zur Mama eines der Babys.
Sie durften ihm einen Namen geben und erhielten alles, was man für die Versorgung eines Babys braucht: Windeln, Fläschchen, Kinderwagen, Maxi-Cosi und Kleidung. Am Montag trafen sich die Mädchen wieder mit den Kursleiterinnen in der Schule – und nun gab es auch zu jedem Baby eine Auswertung, über die gesprochen wurde.

So wurde den Jugendlichen nahegebracht, dass ein Kind auch viel Arbeit machen kann. „Montagmorgens hatten wir dann einige müde Schülerinnen im Unterricht sitzen“, erzählt die zuständige Lehrerin Simona Dittmar. Die Mädchen fanden es spannend – und waren ebenso überrascht davon, was es bedeutet, Verantwortung für so ein kleines Wesen zu übernehmen.

Simona Dittmar ist davon überzeugt, dass ein solches Projekt besser aufzeigt, was Elternsein bedeutet, als den moralischen Finger zu erheben. Deshalb ist bereits jetzt in der Schule am Bagno ein weiteres Projekt geplant – im kommenden Schuljahr wollen erstmals Jungs für einen Tag und eine Nacht „Eltern“ werden.

Das Projekt Babybedenkzeit kann von Schulen, Wohngruppen und Jugendeinrichtungen in Anspruch genommen werden. Begleitet wird es immer von Fachkräften der Evangelischen Jugendhilfe. Interessierte erhalten weitere Informationen bei Bettina Loschelder unter der Telefonnummer 02551 / 7042062 oder per Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Auch gefüttert werden müssen die Babys. Foto: Tholl


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