Tecklenburger Pfarrkonvent reiste nach Siebenbürgen

Die Studiengruppe des Tecklenburger Pfarrkonvents vor dem „Weg zur Höhe“ in Alzen im Harbachtal. Vorne: 2.v.l.: Rosemarie Müller, Kuratorin in Alzen; 2. Reihe ganz links: Superintendent André Ost. Foto: Beate Heßler

Lengerich

Tecklenburger Land. Wie kann eine kleiner werdende Kirche Profil zeigen? Und wie lässt sich eine jahrhundertelange Tradition bewahren, wenn die Mitgliederzahlen schwinden? Diese Fragen beschäftigen die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Rumänien.

Seit der Revolution von 1989 hat sie fast 90 Prozent ihres Mitgliederbestandes verloren. Heute leben nur noch etwa 12.500 Gemeindeglieder in den 51 Gemeinden, die in fünf Bezirkskonsistorien (Kirchenkreisen) organisiert sind. Mehr als 150 Kirchenburgen erinnern an eine wechselvolle Geschichte. Seit dem Mittelalter boten sie Schutz und Zuflucht im grenznahen Gebiet und prägen bis heute die Landschaft – doch beim Versuch sie zu erhalten und mit neuem Leben zu füllen, stößt die Evangelische Kirche an ihre Grenzen. Die Verkündigungssprache ist seit der Reformation Deutsch – aber im Rahmen von Amtshandlungen finden sich inzwischen auch rumänische Lesungen und Gebete: Viele Mischehen zwischen deutsch-sprachi­gen evangelischen und rumänisch-sprachigen orthodoxen Christen machen die Öffnung notwendig. Wer sich in Siebenbürgen auf die Spuren des Reformators Honterus begibt, wird mit diesen Spannungen und Herausforderungen konfrontiert.

So erlebten es auch die 16 Teilnehmer und Teilnehmerinnen einer Studienreise des Tecklenburger Pfarrkonvents, die sich im Themenjahr „Weite wirkt – Reformation und die Eine Welt“ entschieden hatten, Siebenbürgen zu bereisen. Kronstadt/Brasov und Hermannstadt/Sibiu waren dabei nur zwei Stationen auf einer Reise, die insbesondere Begegnungscharakter hatte.
Ingo Göldner, Pfarrer in Ladbergen und gebürtiger Siebenbürger Sachse, konnte dazu biographisch geprägte Kenntnisse beisteuern, die die Geschichte der politischen und kirchlichen Wende um 1990 auf besondere Weise beleuchteten. Beate Heßler, Pfarrerin im Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung (MÖWe), hatte das Programm vorbereitet und fand Gesprächspartner, die authentische Einblicke in eine kleiner werdende Kirche vermittelten.

So berichtete Pfarrer Uwe Seidner aus Wolkendorf/Vulcan, wie er in seinem Dorf am Fuß der Karpaten auch touristische Akzente setzt, um Besuchergruppen die Türen seiner Kirche zu öffnen. Ein kulinarischer Abend mit den dortigen Presbytern eröffnete Einblick in dieses Engagement.

Und in Kronstadt/Brasov begrüßte Pfarrerin Adriana Florea die Besuchergruppe aus Deutschland. Sie arbeitet in der „Schwarzen Kirche“, deren besondere Ausstrahlung als größte spätgotische Hallenkirche östlich von Wien noch unterstrichen wurde, als Pfarrer Andreas Groll aus Rheine auf der Schwalbennest-Orgel „Ein feste Burg ist unser Gott“ intonieren durfte.

Neben der Verkündigung stehen in der Kronstädter Gemeinde diakonische Aufgaben im Mittelpunkt, und eine breite Öffentlichkeit schätzt während der Sommermonate das Konzertangebot. „Wir schließen unsere Konzerte immer mit dem Vater Unser und einem Segen. Dann erkennen die Menschen, was uns als Evangelische Kirche ausmacht“, so Adriana Florea.

Einen Segen hörte die Tecklenburger Gruppe aber auch, als sie die Kirche der Roma am Ufer des Zibin in Hermannstadt besuchte: Luminita Mihai Cioaba, eine bekannte Roma-Schriftstellerin, hatte zuvor ein lebendiges Zeugnis ihrer Kultur gegeben und dann über die Entstehung ihrer pentakos­talen Pfingst-Gemeinde berichtet.

Besuche in den Kirchenburgen Großau, Tartlau Holmengen, Alzen und Heltau sowie im mittelalterlichen Schäßburg rundeten das Programm ab.

In besonderer Erinnerung wird aber wohl der Besuch des Gottesdienstes in Michelsberg/Cisneadoara bleiben. In seinem Grußwort betonte Superintendent Andre Ost die geistliche Verbundenheit mit der Evangelischen Kirche in Rumänien.

Deren Zukunftsaussichten sind nicht sehr verheißungsvoll: Zwar stagniert die Mitgliederzahl aktuell, doch insbesondere auf den Dörfern sind die Gemeindeglieder alt und der Gottesdienstbesuch verschwindend gering.
Dennoch kümmert die Kirche sich mit viel Engagement um den Erhalt ihrer Kirchen und die Bewahrung der siebenbürgischen Tradition: „Diese Geschichte ist ihre Identität“ stellte ein Teilnehmer der Studienreise dann auch rückblickend fest.

Übrigens: Die Evangelische Kirche in Rumänien gestaltet in den kommenden Wochen ihr Reformationsgedenken auf markante Weise.

An 12 Orten in West- und Südosteuropa, die für die siebenbürgische Reformation entscheidend waren, werden Apfelbäumchen gepflanzt, als symbolträchtige „Handlung für Zukunftshoffnung in trüben Zeiten“.